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Jürgen Nickel

Müssen die Gemeinden zahlen?


Bild zeigt zersplitterten Grenzstein der Fraißgrenze Rothenburg-Ansbach bei WIndelsbach (Stein 5) - gesetzt um 1735

Bild zeigt zersplitterten Landesgrenzstein der hohenlohisch-preußischen Grenzlinie auf der Frankenhöhe (Stein Nr. 56) - gesetzt 1804

 

Historische Grenzsteine, wie die im Bild gezeigten an der ehemals preußisch-hohenlohischen und ansbachisch-rothenburgischen Grenze, unterliegen natürlich auch dem Verfall. Die Witterung wirkt ebenso ein, wie die Veränderungen in der Umgebung. Manche werden auch einfach entwendet, damit sie in einem Garten ihre dekorative Wirkung entfalten können.

Auf der Frankenhöhe verschwanden in den Jahren 1981 bis 2015 insgesamt 6 historische Grenzsteine spurlos. In den Jahren davor -meist beim Straßenbau - mehr als 10 (Grenzsteinlinie HG/PG - Hohenlohe-Preußen). Strafantrag Fehlanzeige! Wer hätte ihn auch stellen sollen?

Aktuell ist zu beobachten, daß die Städte und Gemeinden, die an solchen historischen Grenzlinien liegen, sich zusammen mit ehrenamtlichen Gruppen, wie der "Gruppe Grenzcommissaire" in Leutershausen oder den "Altnürnberger Landschaften" im Nürnberger Land, dem Fichtelgebirgsverein und vielen anderen, um diese historischen Grenzsteine bemühen und hier auch keine Kosten scheuen dieses Erbe der Geschichte zu hegen und zu pflegen.

Bei aller Anerkennung, die dieses Engagement hervorrufen muß, bleibt doch aber die Frage: Wessen Aufgabe ist das eigentlich?

Ist es die Aufgabe der Städte und Gemeinden, von ehrenamtlichen Gruppen und Initiativen diese historischen Grenzsteine mit eigenem Geld und eigener Arbeit zu unterhalten?

Zunächst ist festzustellen, daß die meisten historischen Grenzsteine Baudenkmäler im Sinn des Bayerischen Denkmalschutzgesetzes sind. Denkmalschutz ist nach Artikel 141 der Bayerischen Verfassung ein Staatsziel und damit Aufgabe des Freistaates Bayern.

Nach intensiven Recherchen über die Behörden (nähere Ausführungen unter http://grenzsteineigentum.historische-grenze.de) bleibt festzuhalten, daß Grenzsteine die von ehemaligen Territorialmächten auf dem Gebiet des heutigen Freistaates Bayern gesetzt worden sind, um eine Fraiß (Hochgerichtsbarkeit, das Recht über Leben und Tod zu richten) oder ein Territorium gegen eine andere Territorialmacht abzugrenzen, heute in der Regel dem Freistaat Bayern eigentumsrechtlich gehören (§ 903 BGB).

So ergibt sich die Frage nach der Behördenzuständigkeit, also welche Behörde das Eigentumsrecht an diesen Grenzsteinen ausübt.

Historische-Grenze.de scheint diese Frage als erster gestellt zu haben, denn auch intensive Nachfragen bei allen möglichen Behörden konnten das bislang nicht abschließend beantworten.

Da aber die Fiskalverwaltung, also die Verwaltung staatlichen Eigentums, beim Bayerisches Staatsministerium der Finanzen, für Landesentwicklung und Heimat (StMFLH) angesiedelt ist und Grenzsteine in die Zuständigkeit der dem StMFLH nachgeordnete Vermessungsverwaltung fallen, liegt es nahe, daß das Amt für Digitalisierung, Vermessung und Breitband (ADVB), in dessen Zuständigkeitsbereich ein Grenzstein steht, über diesen das Eigentumsrecht des Staates ausübt.

Dies wird gestützt durch eine fachjuristische Auskunft des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege (Zitat):

"Hinsichtlich der Wahrnehmung der Eigentumsrechte und –pflichten des Freistaates Bayern ist zuvörderst die bayerische Finanzverwaltung als das Fiskalat ausübende Verwaltung zuständig. Die Bayerische Vermessungsverwaltung sowie das Amt für Digitalisierung, Breitband und Vermessung sind Teil derselben und innerorganisatorisch fach- und sachlich zuständig. Die örtliche Zuständigkeit ergibt sich dann aus der Lage des Grenzsteins."

Auf Nachfrage beim Amt für Digitalisierung, Vermessung und Breitband in Ansbach wurde mitgeteilt, daß eine Aufgabenzuweisung durch das Ministerium aktuell nicht vorliege. Aus diesem Grund könne man nicht tätig werden.

DAS PROBLEM DABEI IST, daß in der Zwischenzeit wertvolle Denkmäler der Geschichte zu verfallen drohen und, durch die Untätigkeit der staatlichen Behörden gezwungen, wieder die Städte und Gemeinden, sowie private Gruppen und Initiativen diese Pflicht übernehmen müssen.

Nach Artikel 4 des Bayerischen Denkmalschutzgesetzes ist der Eigentümer der Zahlungsverpflichtete für die Instandhaltung der ihm gehörenden Denkmäler.

ALSO GIBT ES EINE ANTWORT AUF DIE FRAGE IN DER ÜBERSCHRIFT: NEIN! Es ist nicht die Pflicht der Städte und Gemeinden den Erhalt der historischen Grenzsteine sicherzustellen. Zuständig ist der Freistaat Bayern in der ihn vertretenden Behörde, die zu finden eine schier unlösbare Aufgabe zu sein scheint...

WOLLEN WIR HOFFEN, DASS DER FREISTAAT BAYERN sich in Bezug auf die historischen Grenzsteine bald wie ein Eigentümer benimmt und sowohl seinen Rechten als auch seinen Pflichten, die hieraus erwachsen, nachkommen wird.

Bild zeigt liegenden Fraißstein der ansbachisch-rothenburgischen Grenzlinie (Stein 47) - gesetzt um 1735

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