Wie bei jeder Grenzsteinlinie, so waren auch bei der AN-SR-1405 (#LandhegeNord) nicht alle Grenzsteine vorhanden. Wen wundert das nach über 400 Jahren?
Um so mehr haben wir gestaunt, als uns nach dem Zeitungsartikel im Fränkischen Anzeiger die Mitteilung erreichte, dass ein verloren geglaubter Stein noch da ist.
Dieser Grenzstein war im Boden versunken und zeigt nur noch seine Haube. Der darunter verborgene Schatz war nicht einmal zu erahnen.
Bei unserem ersten Besichtigungstermin fanden wir den Grenzstein freigelegt vor. Deutlich zu sehen war das Rothenburger Wappen und die darunter befindliche 18. Es war ein Originalstein.
Dieser Landhegestein markiert auch heute noch gültige Grenzen, wenn auch nicht mehr die zwischen Rothenburg und Brandenburg-Ansbach (später Preußen).
Hier verläuft heute die Kreisgrenze der Landkreise Neustadt an der Aisch/ Bad Windsheim mit dem Landkreis Ansbach. Hier beginnt auch die Gemeindegrenze zwischen Uffenheim und Gallmersgarten auf der Seite des Landkreises NEA. Auf Ansbacher Seite (ehem. Landkreis Rothenburg) liegt dann die Gemeinde Ohrenbach.
Dazu kommen dann noch private Grundstücksgrenzen, die dieser Stein markiert.
Weiterhin steht der Landhegestein mit der Nummer (gilt für die gesamte Grenzsteinlinie) D-5-75-124-19 unter Denkmalschutz. Der Boden, in dem er versinkt, ist ein Bodendenkmal. Die Rothenburger Landhege ist in diesem Bereich mit der Nr. D-5-75-124-19 in die Denkmalschutzliste eingetragen.
Mit dieser Konstellation wäre nun der Landhegestein zu heben, um ihn als Denkmal und Grenzmarkierung zu schützen und sichtbar zu machen.
Das ist nicht so ganz einfach:
Durch die Lage direkt auf der Kreisgrenze sind zwei Landratsämter (NEA/ AN) jeweils zur Hälfte zuständig in Fragen des Denkmalschutzes
Durch das Versinken eines Baudenkmals in einem Bodendenkmal sind zwei Denkmalschutzanträge (1x für das Baudenkmal, 1x für das Bodendenkmal) erforderlich (eigentlich bei beiden Landratsämtern), die dann im Rahmen der Prüfung an das Landesamt für Denkmalpflege gesandt werden, um dort in unterschiedlichen Abteilungen unabhängig voneinander geprüft zu werden (Referat A III Mittelfranken für das Baudenkmal Grenzstein, Referat B III Mittelfranken für das Bodendenkmal Rothenburger Landhege)
Durch die Lage direkt auf der Kreisgrenze sind im Abmarkungsrecht zwei Ämter für Vermessung, Digitalisierung und Breitband jeweils zur Hälfte zuständig (ADBVs NEA und AN).
Da das Abmarkungsrecht und das Bayerische Denkmalschutzrecht in einigen Fragen gegenteilige Regelungen und Handlungsanweisungen treffen, kann es im Einzelfall schwierig werden rechtskonforme Lösungen zu erreichen.
Mit dieser Situation ist auch der bemühteste Denkmalschützer überfordert. Hier gibt es auf der Sachbearbeiterebene zu viele gegeneinander arbeitende Kräfte und Aussagen, sowie Klärungsbedarf, so dass eine Erreichung der Lösung nahezu unmöglich wird.
Alleine der Umstand, dass im Landesamt für Denkmalpflege zur fachlichen Prüfung zwei unterschiedliche Sachbearbeiter zuständig sind, die ihrerseits nur und ausschließlich ihren Bereich, also Bau- oder Bodendenkmal prüfen, schafft (auch bei positivster Abarbeitung) Diskrepanzen und Irritationen, die dann wiederum beim Landratsamt als Untere Denkmalschutzbehörde auflaufen.
Letztlich bleibt dann der Sachbearbeiter bei der Unteren Denkmalschutzbehörde alleingelassen und hat nicht sehr viele Möglichkeiten sachgerechte Entscheidungen treffen zu können, zumal eine personelle Unterbesetzung den Arbeitsanfall am Maximum hält. So steigert sich die Frustration bei den Sachbearbeitern, wie auch dem antragstellenden Bürger.
Auf der Strecke bleibt das Kleindenkmal Grenzstein.
Nur durch intensive Kontaktarbeit mit dem Ziel die Sachbearbeiterebene in Richtung Leitungsebene zu verlassen und dann von „oben“ Lösungen einzufordern, hilft dem System dann vorwärts zu kommen.
Im Rahmen der Denkmalschutzarbeit und der Zusammenarbeit mit den Behörden sind wir stets auf offene Ohren gestoßen und dem Bemühen die Vorgänge voran zu bringen. Dies aber scheitert an den Zuständigkeiten und Regelungen.
Das System die Entscheidungsrechte auf die Landratsämter zu übertragen, die Fachaufsicht aber beim Landesamt für Denkmalpflege zu belassen, schafft viele Schnitt- und Meldepunkte. Dies schadet dem Denkmalschutz.
Es wäre wesentlich besser, wenn das Landesamt für Denkmalpflege nicht nur die Fachaufsicht, sondern auch die Entscheidungskompetenz erhielte. Die Unteren Denkmalschutzbehörden wären dann der Mittler, das Landesamt zur Entscheidung gefordert.
MP a.D. Stoiber hat dieses schwierige System geschaffen, das dringend der Reform bedarf.
Der Denkmalschutz, insbesondere der Kleindenkmäler, wie den historischen Hoheitssteinen, liegt im Argen. Hier ist die Arbeit vieler Heimathistoriker und ehrenamtlichen Denkmalschützern nicht mit Gold aufzuwiegen, da der Staat mit seinen Institutionen in diesem Bereich nahezu komplett versagt.
Zudem sind viele der historischen Hoheitssteine in staatlichem Eigentum und es gibt bislang keine Stelle in der Bayerischen Staatsregierung, die dieses Eigentumsrecht auch ausübt. Nach den rechtlichen Grundlagen wäre hier das Bayerische Staatsministerium der Finanzen und für Heimat zuständig.
Eine im Jahr 2016 zugesandte und immer wieder erinnerte Anfrage wurde Ende 2019 dann ohne weiteres Ergebnis an das Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst weitergereicht. Diese läuft damit ins Leere.
HISTORISCHE GRENZE SCHLÄGT VOR
die Schaffung eines Landesbeauftragten für die Kleindenkmäler, der diesen Schätzen der Kultur und Geschichte eine Heimat gibt und den Verfassungsgrundsatz in Art 141/II BV mit Leben erfüllt.
Ausübung der staatlichen Eigentumsrechte und -pflichten
Gewährleistung des Denkmalschutzes
Ansprechpartner in Sachen Kleindenkmäler
Es bleibt zu hoffen, dass der Gordische Knoten an der Rothenburger Landhege mit der Hebung der Grenzsteine ebenso zerschlagen werden kann, wie eine insgesamt sehr ungünstige und kontraproduktive Regelung bei Fragen des Denkmalschutzes im Freistaat Bayern.
Jürgen Nickel