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Zwei Hohenzollernreiche und ihre Grenzen

Aktualisiert: 17. Okt. 2020


BILD: Jagdgrenzstein bei Rüdern am Höllgraben - trägt "HW" für hochherrschaftlicher Wald


Mit Beginn des Projekts "Die Marksteine der Hohenzollern in Franken" war nicht zu ahnen, dass es sich hier um ein solch komplexes Thema handelt, in dem man sehr schnell den Überblick verlieren kann.


Zunächst gingen wir von einer Grenzsteinlinie aus und ordneten die gefundenen Grenzsteinnummern den ermittelten Positionen zu. Doch so einfach war es dann doch nicht...


Im Lauf der Nachforschungen wurde alles immer suspekter. Ein Setzungsprotokoll lag noch nicht vor und die Fragen wurden größer. Eines war klar: Es wird etwas Besonderes.


Und in der Tat. Wir konnten ermitteln, dass es ein Setzungsprotokoll gibt.

Dieses befindet sich im Staatsarchiv Bamberg unter der Archivalienbezeichnung "Markgraftum Brandenburg-Bayreuth, Geheimes Archiv Bayreuth Nr. 767" .


Diese Archivalie ist bereits digitalisiert und online abrufbar unter dem Link:



Diese Akte umfasst insgesamt 542 Seiten.


Darin sind mehrere Setzungsprotokolle für recht unterschiedliche Grenzsteinlinien der Hohenzollern enthalten.


Das Setzungsprotokoll der Fraischgrenze von Fürth/ Vach bis Wilhermsdorf, die in der Folge erst ab Oberdachstetten dann weiter bis Bad Windsheim geführt wird, ist eines davon.


HINWEIS ZUM BESSEREN VERSTÄNDNIS: Bei HISTORISCHE GRENZE wird diese Grenzsteinlinie als Nr. 1 geführt. In der Grenzsteinbezeichnung, die hier zugeordnet wird, steht direkt vor der Steinnummer eine 1.


Die Bezeichnungssystematik: AN-KU Grenze zwischen Ansbach und Kulmbach ODS Bezeichnung der Teilgrenzlinie, hier ODS für Oberdachstetten

1 die Nummer der Grenzlinie 041 die Laufnummer des Steins


ergibt: AN-KU-ODS1-041


Hier findet sich eine essentielle Frage: WARUM WIRD EINE GRENZLINIE SO EXTREM UNTERBROCHEN? Zwischen Wilhermsdorf (Grenzstein AN-KU-LZN1-039) und Oberdachstetten an der Rezatquelle (Grenzstein AN-KU-ODS1-040) liegen fast 30 km Luftlinie.


Zwischen Wilhermsdorf und Oberdachstetten war die Grenzlinie zwischen den Markgraftümern häufiger von kleineren Herrschaften unterbrochen, wie der Reichsritterschaft Seckendorff Aberdar, dem Rittergut Rügland und dem Deutschritterorden bei Virnsberg.

Eine durchgehende Grenzlinie zwischen den beiden Markgraftümern Ansbach und Bayreuth/ Kulmbach existiert in diesem Bereich nicht, bzw. nur vereinzelt.


Bei Dietenhofen am Heidenhügel, das liegt in diesem Unterbrechungsbereich der vorbenannten Grenzlinie befinden sich die Grenzsteine, welche ein B (Bayreuth) und ein O (Onolzbach=Ansbach) tragen und derzeit nur am Heidenhügel bei Dietenhofen nachweisbar sind. (Bild eines solchen Grenzsteins folgt) Diese Grenzsteinlinie wird als Nr. 3 geführt. Grenzsteinbezeichnungen AN-KU-DIE3-(Nr. des Steins)


Es gibt erste Hinweise darauf, dass diese Grenzsteine aus dem Recess (=Vergleich/ vertragliche Kompromissvereinbarung) von Heilsbronn stammen, der am 25. August 1719 zwischen den Markgraftümern geschlossen wurde und Gebietsübergaben von Onolzbach nach Bayreuth/ Kulmbach enthielt.


Südlich von Wilhermsdorf kam es zu solchen Gebietsabtretungen. Hier wechselte z.B. Münchzell, Betzendorf und Hörleinsdorf (heute Gemeindeteile von Dietenhofen) von Ansbach nach Bayreuth/ Kulmbach.

Mit der Fortsetzung unserer Forschungsarbeiten in diesem Bereich werden wir weiter berichten können.


Wenn südlich von Wilhermsdorf Gebietsveränderungen stattfanden, die bereits 1719 erfolgt sind und man hier zu dieser Zeit Grenzsteine setzte, brauchte man 1753 keine neuen Grenzsteine mehr setzen. Es wäre eine plausible Antwort.



DAS TERRITORIUM NON CLAUSUM, also das Herrschen nach Rechten, beinhaltete kein homogenes Staatsgebiet, sondern üblicherweise zugeordnete Untertanen, das Recht der Ausübung der Fraisch (Blutgerichtsbarkeit) oder auch die des höheren Jagdrechts und des Steuerrechts.



BILD: Akte Dietenhofen, in der die Setzung der Grenzsteine für die Jagdgrenze beschrieben wird.


Im Bereich Dietenhofen wird dies besonders augenscheinlich.


Während die Fraischgrenze (wohl 1719) über den Heidenhügel lief, begann nordöstlich von Herpersdorf (Ortsteil der Gemeinde Dietenhofen) eine Jagdgrenzlinie (1753), die von dort durch Herpersdorf hindurch weiter nach Dietenhofen und über Rüdern (Ortsteil von Dietenhofen) nach Flachslanden führte. Diese Linie endet mit Grenzsteins 114 ebenfalls bei Bad Windsheim.


Die Grenzlinien des Fraischrechts und des Jagdrechts waren damit nicht identisch.


BILD: Fraischgrenzstein am Heidenhügel (Gde. Dietenhofen) - nach aktuellen Erkenntnissen 1719 gesetzt im Rahmen des Recesses von Heilsbronn (Daten sind noch in der Überprüfung)


Die Grenzsteine des Jahres 1753 haben eine nahezu identische Ausgestaltung. Sie unterscheiden sich im Fakt der Behördenkennung und ihrer Grundfläche:

  • HO - hochfraischliche Obrigkeit - kennzeichnet die Fraischgrenze - rechteckige Grundfläche

  • HW - hochherrschaftliche Wald - kennzeichnet die Jagdgrenze - quadratische Grundfläche

Die Grenzsteine am Heidenhügel (vermutlich von 1719) weisen keine Nummerierung und auch kein Hohenzollernwappen auf. Sie sind insgesamt einfacher gehalten. Das erhabene B und O im ausgeschlagenen Rechteck markiert die Hoheitsreliefierung.


In der Archivalie des Staatsarchivs Bamberg "Markgraftum Brandenburg-Bayreuth, Geheimes Archiv Bayreuth Nr. 767" findet sich eine weitere Grenzsteinlinie, die 20 Steine umfasst und bei Kreppendorf beginnt. Dies überschreitet aktuell unsere Kapazitäten und wurde zurückgestellt.


Diese Grenzsteinlinie trägt die Nr. 2.


Damit sind derzeit VIER GRENZSTEINLINIEN DER HOHENZOLLERN IN FRANKEN in Bearbeitung und fordern unsere Antworten ein.


Mit jedem Schritt, den wir weiter gehen können, kommen Puzzlesteine dazu und das Bild wird klarer.


ES GAB ABER AUCH SCHON VOR 1719/ 1753 EINE GRENZVERSTEINUNG, wie wir es an den gefundenen Grenzsteinen in verschiedenen Lapidarien erkennen können. Leider befinden sich diese Grenzsteine nicht mehr am historischen Setzungsort, so dass wir hier nicht mehr einhaken können.


Im Stadtarchiv Herzogenaurach und im Markgrafenmuseum in Neustadt an der Aisch aber soll es hierfür weitere Indizien und Fakten in Archivalien geben.


BILD: vom Setzungsort entfernter Jagdgrenzstein des Hauses Brandenburg Onolzbach aus dem Jahr 1688 in einem Lapidarium nördlich von Wilhermsdorf. Wir werden wohl nie erfahren, wo er herstammt.




Die Hohenzollern werden uns noch einige Zeit begleiten.



FÜR HINWEISE AUF HOHENZOLLERSCHE GRENZSTEINE - projekt@historische-grenze.de


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